Das Spruchkammerverfahren Karl Hachtel

Bei Kriegsende, am 17. April 1945, wurde Karl Hachtel inhaftiert und am 20. Dezember 1946 aus dem Interniertenlager Moosburg ("Civilian Internment Camp No. 6") entlassen. Offizielles Ende der Haft war der 9. Januar 1947, aber ihm scheint eine Weihnachtsamnestie zugute gekommen zu sein.

Im Internierungslager Moosburg waren Personen untergebracht, "die der Zusammenarbeit mit der Nazi-Herrschaft oder als Kriegsverbrecher verdächtigt wurden". Die Internierung erfolgte im Rahmen eines sogenannten „automatic arrest“, bis ihr Fall von den Spruchkammern verhandelt werden konnte.[1]

Am 12. Januar 1947, nach seiner Haftentlassung, reichte Hachtel seinen ausgefüllten "Meldebogen" ein. Ihm ist zu entnehmen, daß er am 1. Februar 1893 in Riedbach geboren wurde, von Beruf Hausmeister (Landwirt) war, wohnhaft seit 1933 in Niederstetten, verheiratet. Mitgliedschaft in der NSDAP seit Ende 1932 (später korrigiert in 1. März 1932), Zellenleiter von 1936 bis 1945, stv. Ortskassenleiter von Dezember 1939 bis März 1941; stv. Ortsobmann der DAF von 1934 bis 1945; Mitgliedschaft im NSV von 1937 bis 1945, davon von 1942 bis 1945 Obmann. Parteiauszeichnung: 10-jährige Verdienstauszeichnung.

Nachdem die Spruchkammer Bad Mergentheim Erkundigungen über Hachtel eingeholt hatte, folgte die Klageschrift vom 10. Oktober 1947, auf die der Verteidiger Hachtels, Rechtsanwalt Krohne, antwortete.

Die öffentliche Sitzung der Spruchkammer fand am 9. Januar 1948 statt, die Sitzung war öffentlich und wurde protokolliert.

Mit rechtskräftigem Urteil ("Spruch") wurde Hachtel am gleichen Tag als "Minderbelasteter" eingestuft, es wurde eine Bewährungszeit von einem Jahr festgelegt, und Hachtel mußte einen Sühnebeitrag von 500 Mark zahlen.

Nach Ablauf der Bewährungsfrist wurde das Verfahren durch "Spruch" der Zentralspruchkammer Nord-Württemberg am 24. 5. 1949 endgültig abgeschlossen.

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NB: Der Parlamentarische Rat beschließt am 8. Mai 1949 mit 53 gegen 12 Stimmen das Grundgesetz. Auch die Besatzungsmächte stimmen ebenso zu wie die Länderparlamente - mit Ausnahme Bayerns. Da jedoch zwei Drittel der Länder zur Annahme des Grundgesetzes ausreichen, tritt es auch in Bayern in Kraft. Am 23. Mai 1949 wird es in Bonn feierlich verkündet und unterzeichnet. Die Bundesrepublik Deutschland ist gegründet.

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Die komplette Spruchkammerakte liegt im Staatsarchiv Ludwigsburg (EL 902 16 Bü. 955), sie gibt eine Vorstellung von der unmittelbaren Nachkriegssituation und wird nachfolgend exemplarisch mit ihren einzelnen Vorgängen dokumentiert.

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21. 3. 1946, Landratsamt Bad Mergentheim an Militär-Regierung Bad Mergentheim
4. 4. 1946, Seventh Army Internment Camp Nr. 76 an Prüfungsausschuß beim Landratsamt Bad Mergentheim
7. 5. 1946, Landratsamt Bad Mergentheim an Seventh Army Internment Camp Nr. 76
9. 1. 1947, Entlaßschein Karl Hachtel
12. 1. 1947, von Karl Hachtel ausgefüllter Meldebogen auf Grund des Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. 3. 1946
20. 3. 1947, Spruchkammer des Int.-Lagers Moosburg an Spruchkammer Bad Mergentheim
28. 6. 1947, Auskunftserteilung (Bürgermeister...)
Nach Tagebucheinträgen von Marie Dinkel, undatiert
1. 4. 1946, Brief Hermann Braun an Marie Dinkel
16. 7. 1947, Befragung Otto Baumann
16. 7. 1947, Befragung Lena Gehringer
16. 7. 1947, Befragung Rösle Gerlinger
16. 7. 1947, Befragung Karl Keim
16. 7. 1947, Befragung Gottlob Thürauf
16. 7. 1947, Befragung Wilhelm Friedrich
26. 8. 1947, Befragung Rösle Gerlinger
8. 9. 1947, Befragung Marie Dinkel
15. 9. 1947, Befragung Karl Thalheimer
13. 10. 1947, Klageschrift der Spruchkammer
4. 1. 1948, R.A. Krohne, Antrag auf Einreihung als Minderbelasteter (Bewährungsgruppe)
4. 1. 1948, Anlage 1, Otto Jäger, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 2, Margarete Weiss, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 3, Karl Fetzer, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 4, Bergdolt, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 5, Leonhard Rathgeber, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 6, Georg Rummler, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 7, Karl Jung, Ernst Neubert, Hermann Ziegler, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 8, Paul Dertinger, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 9, Karl Leyrer, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 10, Johann Klingert, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 11, Gottlob Keim, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 12, Friedrich Lehr, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 13, Karl Waldmann, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 14, Johannes Remie, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 15, Ev. Stadtpfarramt Niederstetten, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 16, Staatliches Gesundheitsamt Mergentheim, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Anlage 17, Marianne Heinrich, zu Schreiben R.A. Krohne
4. 1. 1948, Antrag R.A. Krohne auf Ladung von Entlastungszeugen
19. 1. 1948, Protokoll der Spruchkammer-Verhandlung
19. 1. 1948, "Spruch" der Spruchkammer Bad Mergentheim
26. 4. 1949, Zentral-Spruchkammer Nord-Württemberg an Bürgermeisteramt Niederstetten
24. 5. 1949, Zentralspruchkammer Nord-Württemberg, Spruch [und Abschluß des Entnazifierungsverfahrens]


[1] https://stalag-moosburg.de/geschichte/internierungslager/