Bestätigung:
Die unterzeichneten:
1. Georg Linder, Stadtpfleger in Niederstetten,
2. Helene Streitberger, fr. Schreibgehilfin Niederstetten
machen folgende Angaben:
Es war am Nachmittag eines Tages (am nächsten Tage kamen die noch hier befindlichen Juden von hier weg), den wir nicht mehr genau angeben können. Der frühere Bürgermeister von Niederstetten, Herr Weber, kam zu uns – wir hatten jedes ein besonderes Zimmer – und sagte zu uns: Bedenken Sie einmal, vorhin ist mir etwas passiert, was bei uns auf dem Rathaus eine Seltenheit ist, es hat sich jemand für meine Tätigkeit bedankt. Wir wollten wissen, wer dies war, der sich bedankt hat. Herr Weber sagte uns hierauf: Wirt Braun (Wolf Braun – Vorsteher der jüd. Gemeinde –) war soeben bei mir und hat mir folgendes gesagt: Herr Bürgermeister, ich habe schwere Bedenken, dass wir morgen, wenn wir uns auf den Bahnhof begeben, belästigt werden und ich bitte Sie, uns zu schützen. Ich habe Herrn Braun beruhigt und ihm erklärt: Ihr Gepäck wird Güterbeförderer Hagelstein auf den Bahnhof befördern und Sie brauchen keinerlei Angst haben, dass Sie irgendwie belästigt werden. Ich werde zusammen mit Herrn Bergdolt (Gendarmeriemeister) dafür sorgen. Herr Braun sagte darauf zu mir: Herr Bürgermeister, Ihr Vorgänger, Herr Schroth, war ein guter Mann für uns, auch Sie waren ein guter Mann für uns. Sie haben wohl Ihre Gesetze gehabt, doch haben Sie uns als Menschen behandelt und uns leben lassen. Wir wussten, dass wir zu Ihnen jederzeit kommen durften. Dafür möchte ich Ihnen auch im Namen der übrigen Juden herzlich danken. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute. Diese Unterredung zwischen Herrn Braun und Herrn Weber hatte uns letzterer, wie angegeben, wörtlich wiederholt.
Wir bemerken noch, dass es uns auf Grund unserer langjährigen Tätigkeit auf dem Rathaus Niederstetten bekannt ist, dass Herr Weber in gar keinem Falle Juden die Lebensmittelkarten gekürzt oder verweigert hätte, die hies. Juden wurden s. Zt. u. a. mit Kohlen und Holz genau so versorgt wie die übrige Einwohnerschaft. Ein Unterschied wurde von Herrn Weber nie gemacht, er hätte dies auch seitens der Angestellten nie geduldet.
Obige Angaben machen wir an Eides statt und sind uns über die Bedeutung eines Eides voll und ganz bewusst.
Niederstetten, den 27. Dezember 1946.
Georg Linder, Helene Streitberger.

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