( ) Niederstetten, 2 März. In seiner heutigen Sitzung beschäftigte sich der Gemeinderat mit der Frage des Schulhausneubaus. Die Entwicklung des hiesigen Schulwesens läßt diese Frage dringlich werden. Einerseits widmet der Gemeinderat in Gemeinschaft mit dem Gewerbeverein dem Ausbau der Gewerbeschule das größte Interesse und andererseits ist ein Ausbau der Realschule besonders wünschenswert. Dazu kommt die Einführung des 8. Schuljahres. Der Vorsitzende, Herr Stadtschultheiß Schroth, betonte die Notwendigkeit eines Schulhausneubaus und war der Meinung, die Finanzverhältnisse der Stadt würden einen solchen bei der Verteilung der Amortisation auf 40 bis 50 Jahre ermöglichen. Nach ungefährer Berechnung stellten sich die Kosten eines Schulhauses mit 8 Schulsälen auf etwa 160.000 M, an welchem Betrag ein Staatsbeitrag von ungefähr 40.000 M abzurechnen wären. Die jährliche Belastung des städtischen Etats für Zinsendienst und Amortisation wären also mit mindestens 12.000 M anzunehmen. Der Gemeinderat bestritt nicht, daß über kurz oder lang an den Bau eines Schulhauses herangetreten werden müsse, die schlechte Wirtschaftslage unserer Tage lasse aber eine derart bedeutende Erhöhung der Umlagen für die Bürgerschaft nicht tragbar erscheinen. Einerseits kann das Gewerbe kaum mehr die hohen Steuern erschwingen und andererseits mache die Landwirtschaft Notdemonstrationen gegen die Steuern. Der Zeitpunkt für derartig kostspielige Bauten sei daher sehr ungünstig. Aus der Mitte des Gemeinderats wurde nun der Vorschlag gemacht, anstatt eines großen Schulhauses mit acht Sälen nur 4 Säle in gutem Barackenbau auszuführen. Bei dem Rückgang der Geburtenzahl würden diese wohl für die Volksschule ausreichen, während andererseits die Gewerbeschule und die Realschule in das alte Gebäude gelegt werden könnten. Schließlich wurde der Beschluß gefaßt, das Kultministerium um Entsendung eines Sachverständigen hierher zu ersuchen.
Vaterlandsfreund, 6. 3. 1928