( ) Niederstetten, 19. Febr. Durch Herrn Oberbaurat Ritter-Stuttgart fand dieser Tage die Abnahme der Bachkorrektion durch den Staat statt. Anwesend waren unter anderem auch die Herren Landrat Wöhrle-Gerabronn, Oberbaurat Wälde-Künzelsau, Oberamtsbaumeister Kellermann-Gerabronn. Unter Begleitung des Herrn Stadtschultheiß Schroth und des Gemeinderates fand eine Begehung und eingehende Besichtigung der korrigierten Strecke statt. Die Arbeiten fanden seitens des Herrn Oberbaurat Ritter durchgehend Billigung. Leider hat das Hochwasser im November bereits großen Schaden angerichtet. Die neu angelegten Uferböschungen sind zum großen Teil mit fortgerissen und nicht weniger als 600 Kubikmeter Steine sind in dem neuen Vorbachbett angeschwemmt worden. Nach Übernahme der Bachkorrektion seitens des Herrn Oberbaurat Ritter übernahmen die Herren des Oberamtes die ebenfalls neu verlegte Vorbachtalstraße wieder in den Besitz der Kooperation.
( ) Niederstetten, 19. Febr. Auf Anregung von außerhalb des Gemeinderates stand in der letzten Gemeinderatssitzung nochmals das achte Schuljahr zur Beratung. Bekanntlich hat der Gemeinderat schon vor längerer Zeit die Einführung des achten Schuljahres beschlossen. Der Vorsitzende, Herr Stadtschultheiß Schroth, gab eine genaue Übersicht über den Nutzen und möglichen Nachteil des achten Schuljahres. Ein Nachteil für die Jugend dürfte kaum vorhanden sein. Es ist wohl richtig, daß die Landwirte ihre heranwachsende Jugend zur Arbeit brauchen können. Da aber für das achte Schuljahr ein Ende des Unterrichtes schon Vormittags Bestimmung ist, so können die Schüler von 10 oder 11 Uhr ab sich betätigen. Andererseits aber ist der Schulplan heute bereits auf das achte Schuljahr zugeschnitten, so daß die Ausbildung ohne dasselbe nur unvollkommen wäre. Was nun gewerbliche Lehrlinge anbelangt, so dürfen dieselben vor 14 Jahren überhaupt in keine Lehre eintreten, sie wären also gezwungen, ein Jahr zu verbummeln. Über dies ist das achte Schuljahr vom Jahr 1932 ab obligatorisch. Der Gemeinderat beschloß daher an dem seinerzeit einstimmig gefaßten Beschluß festzuhalten. Auch der diesmalige Beschluß wurde von den anwesenden Gemeinderäten, welche in ungefähr gleicher Anzahl dem Gewerbe und der Landwirtschaft angehören, einstimmig gefaßt.
( ) Niederstetten, 19. Febr. Der Turnverein gab gestern seinen Maskenball. Narren und Närrinnen, kostümierte und unkostümierte, gab es außerordentlich viele und sie gaben sich in der Turnhalle ein vergnügtes Stelldichein. Der Saal war mit Aufwendung von viel Mühe, Geschmack und Geld fastnachtsmäßig ausgestattet. Es war großer Jahrmarkt. Polizeibude, Sekt-Likörbude und ein Verkaufsstand trugen dazu bei, das Bild zu vervollständigen. Die Kapelle Jakobi spielte in lustigen Weisen durch alle Register der Tanzkunst. Stimmung war da. Unaufhörlich wogten, sprangen, hüpften, zogen sich die Masken durch den Saal und die Narrenpritsche war unaufhörlich in Bewegung. An schönen und originellen Masken war kein Mangel. War dieses ganze lustige Volk froh wenigstens eine Stunde lang, sich seines sonstigen Wesens ledigfrei bewegen zu können? Oder ist der Alltag Lüge und die Narretei des Karnevals die Wahrheit? Alle, welche den gestrigen Abend durchtobt haben, werden sich keine Gedanken darüber gemacht haben. Aber dies wäre eine interessante Preisaufgabe, über welche von Aschermittwoch an sich die klug gewordenen Narren besinnen könnten.
Vaterlandsfreund, 21. 2. 1928