"Graf Zeppelin" über dem Taubertal.
Nur ganz wenige haben gewußt, daß "Graf Zeppelin", unser stolzes Luftschiff, kommt. Kurz vor ¾ 5 Uhr hat man bei uns angerufen und mitgeteilt: "Soeben hat das Luftschiff "Graf Zeppelin" Niederstetten überflogen in Richtung Bad Mergentheim." Wir wußten sofort: da sitzt sicher unser Landsmann Sammt (Luftschiffkapitän Sammt ist Niederstettener; er war bei der Hindenburg-Katastrophe einer der Schwerverletzten), am Steuer, der uns nun die Freude des Anblicks des wunderbaren Schiffes macht. Wir gingen auf die Straße. Es dauerte gar nicht mehr lange, da sahen wir im Osten, um 4.43 Uhr, das Luftschiff sich wie eine sonderbare Wolke am Himmel abheben und auf unsere Stadt [Bad Mergentheim] zukommen. Allgemeine Verwunderung herrschte darüber, mit welch geringem Motorengeräusch und mit welcher majestätischen Ruhe das Luftschiff seine Bahn zog. Ueber unserer Stadt wechselte das Schiff den Kurs und entschwand dann bald in nördlicher Richtung über dem Ketterwald unserem Blick.
Aus Friedrichshafen wird über diese Fahrt des Luftschiffs "Graf Zeppelin" gemeldet:
"Das Luftschiff "Graf Zeppelin" ist unter Führung von Kapitän Sammt am Montagnachmittag 14.10 Uhr zur letzten Abnahmefahrt aufgestiegen, die voraussichtlich etwa 24 Stunden dauern wird. An Bord befinden sich neben Mitgliedern der Besatzung auch Angehörige der Werft sowie die Abnahmekommission. Das Luftschiff kehrt nach dieser Fahrt nicht mehr nach Friedrichshafen zurück, sondern landet in Frankfurt a. M., wo es in der dortigen Halle untergebracht werden wird."

Tauber-Zeitung, 2. 11. 1938