() Niederstetten, 11. Febr. Die finanzielle Lage unserer Bürgerschaft muß eine recht gute sein. Man sollte denken, in einer Zeit, in der die Zinsfüße auf Stelzen gehen, würden sich die Leute drängen, wenn zinsloses, und kündbares Geld angeboten würde. Nichts von alledem ist hier der Fall, der Vortrag des Herrn Pfitzenmaier-Hohentwiel am Gasthaus zum Adler über die „Sparsi“, Gemeinnützige Spargenossenschaft Singen, war recht schlecht besucht. Die Ursache, man hört die Botschaft aber der Glaube fehlt. Nun, Herr Pfitzenmaier versuchte der Zuhörerschaft den Glauben zu bringen. Durch den heute üblichen Zinswucher muß der Belastete zu Grunde gehen. Er kann die Zinsen nicht verdienen, muß also um dieselben zu bezahlen, seine Werte nach und nach verkaufen und am Ende hat er keine Werte mehr, aber die Schuld besteht noch. Die „Sparsi“ ist nun ein Kreis, welcher durch genossenschaftlichem Aufbau sucht, sich vom allgemeinen Geldmarkt unabhängig zu machen. Da jedes Mitglied keine Zinsen erhält, so braucht es auch keine zu bezahlen. Die Einzahlungen vollziehen sich ähnlich wie bei den Baugenossenschaften, die Ausbezahlung erfolgt durch Auslosung und errechnete Auszahlungstermine. Der in „Sparsi“ verkörperte Gedanke sei auch anderwärts durchgedrungen, so hätten die Sparkassen jetzt auch Zwecksparkassen eröffnet, welche auf dem Zinsfuß von 4 Prozent arbeiten. Die „Sparsi“ arbeite mit geringsten Verwaltungskosten. Für die Verwendung der von „Sparsi“ ausbezahlten Gelder bestehen gar keine Vorschriften. Man kann damit bauen, Hypotheken ablösen lassen, Kinder studieren lassen. Die Gelder sind auf Sperrkonto bei der Bezirkssparkasse Singen angelegt und können nur zum Zwecke der Ausbezahlung erhoben werden. Die Haftung der Mitglieder beträgt nur 20 M. In der dem Vortrag folgenden Aussprache wies ein Redner darauf hin, daß die Zinsen nicht die Folgen des Diktates einer internationalen Hochfinanz sein können, wie der Redner ausgeführt hatte. Geld sei eine Ware und der Preis richte sich nach Angebot und Nachfrage Doch seien die hohen Zinsen selbstverständlich ein Unglück, nicht zum wenigsten auch für unser Kleingewerbe. Auf eine Anfrage, was geschehe, wenn keine oder nur wenig neue Mitglieder zugehen und ob dann die Mitglieder auch auf Auszahlung des Kapitales rechnen könnten, erwiderte der Redner, dann müsse die Kasse liquidieren, aber die Mitglieder erhielten ihre Einzahlungen zurück. Der kleine Kreis brachte dem Vortrag allgemeines Interesse entgegen.

Vaterlandsfreund, Nr. 35, 12. 2. 1930