( ) Niederstetten, 25 November. Während in vielen Gegenden bei großen öffentlichen Unternehmungen längst die genossenschaftliche Durchführung für größere Bezirke in Aufnahme gekommen ist, hat dieser Gedanke erst seit kurzem bei uns Boden gefaßt. Ich erinnere einerseits an die Albwasserversorgung, während andererseits in unserer Hohenloher Gegend alle Gemeinden ihre eigenen Wasserleitungen durchgeführt haben. Schon beim Bau der hiesigen Wasserleitung lag dem Schreiber dieser Zeilen der Gedanken nahe, möglichst das ganze Vorbachtal zusammenzuschließen. Die rapide Geldentwertung drängte damals aber zu schnellen Entschlüssen und so war es nicht möglich, den Gedanken der gemeinsamen Wasserversorgung weiter zu verfolgen. Dagegen haben sich erfreulicherweise alle Gemeinden des Elektrizitätswerks Hohebach zu einem Gemeindeverband zusammengeschlossen. Wie aus der Presse ersichtlich ist, plant nun die Stadt Mergentheim ein Gaswerk zu errichten. Da wäre es Pflicht der Stadt Mergentheim und aller einigermaßen nahegelegenen Orte (ich denke dabei wohl auch an Niederstetten) zu prüfen, ob es nicht möglich und vorteilhaft wäre, anstatt eines nur für den verhältnismäßig kleinen Gebrauch der Stadt Mergentheim berechneten Werkes ein Werk zu erbauen, welches den ganzen Landkreis mit Gas versieht. Eine Konkurrenz für den elektrischen Strom wäre nicht zu befürchten, da das Gas doch nur für Kochzwecke in Betracht kommt und da der elektrische Strom in absehbarer Zeit doch nicht allgemein für Kochzwecke verwendet werden wird. Die Anlagekosten der Gasüberleitung wären gewiß sehr hohe. Da aber der Staat zur Zeit ganz außerordentlich große Beiträge für Notstandsarbeiten verwilligt und darüber hinaus auch billige Darlehen gibt, würde sich die Anlage auch rentabel gestalten lassen. Über die Bedürfnisfrage ist wenig zu sagen. Jede Hausfrau, welche die Annehmlichkeiten des Kochens auf Gas kennt, wird ohne weiteres Abnehmer sein. Der Kreis ist heute schon sehr groß. Aber auch jede andere Hausfrau unseres großen Bezirkes wird sich schnell damit befreunden. Das gilt nicht nur für die Bewohner der kleinen Städte. Auch die Landfrau wird in der Ernte wie zu anderen Zeiten sich darüber freuen, wie schnell, sauber und mühelos sie ihr Essen auf den Tisch bringen kann. – Der Gedanke der gemeinsamen Gasversorgung mag auf den ersten Blick etwas zu großzügig erscheinen, er ist aber wert, erwogen zu werden, wenn sich die entscheidenden Stellen für spätere Zeiten den Vorwurf eines Versäumnisses ersparen wollen.

Vaterlandsfreund, 27. 11. 1926