Brief aus Niederstetten
* Niederstetten, 9. Febr. Am vergangenen Sonntag fand im Gasthaus zum Adler eine Versammlung der Ortsbauernschaft statt, die gut besucht war. Ortsbauernführer Melber behandelte vor allem die Heu- und Haferablieferung und den Anbau von Flachs. Die meisten der Bauern haben ihrer Ablieferungspflicht genügt, die restlichen werden aufgefordert, ebenfalls ihre Pflicht zu erfüllen. Erwartungsgemäß löste der Anbau von Flachs eine größere Aussprache aus, doch konnte auch dieser Punkt in Bälde geregelt werden. Für die Landwirte unter 10 Hektar wird ein Grundstück mit 1,6 Hektar, das der Pächter des Städt. Gutshofes Rehhof zur Verfügung stellt, und das sich besonders zu diesem Zweck eignet, gemeinsam mit Flachs angebaut, die Bewirtschaftung erfolgt ebenfalls gemeinschaftlich. Für die Bauern mit über 10 Hektar, soweit sie in Niederstetten wohnen, erfolgt ebenfalls wieder ein gemeinschaftlicher Anbau. Ebenso wird in Sichertshausen, Ermershausen und auf dem Eichhof verfahren, auch dort werden größere Grundstücke gemeinschaftlich angebaut werden. Der gemeinschaftliche Anbau wird sich gewiß rentabler und vorteilhafter gestalten. Bürgermeister Weber gab Aufklärungen über die Brennholzfrage, die sich gerade hier besonders schwierig gestaltet, nachdem ein großer Teil des Brennholzes bisher von Privatwaldbesitzern eingedeckt wurde, über die Beschaffung von Stangen zu Weinbergpfählen, die Anbaustatistik. Er gab weiter Aufklärung über die Ausstellung der Mahlkarten und Schlachtkarten, sowie über die Ausstellung von Schuhbezugsscheinen und Bezugsscheinen zu Spinnstoffwaren, soweit solche noch möglich sind. Bezüglich der Farrenhaltung gab Bürgermeister Weber bekannt, daß der Stand der Farrenhaltung zurzeit als sehr gut zu bezeichnen sei und forderte die Anwesenden auf, künftig mehr auf die Viehzucht Wert zu legen, damit auch für die kostspielige Farrenhaltung ein Gegenwert sich zeige. Zum Schluß mahnte Ortsbauernführer die Anwesenden, gerade in der jetzigen Kriegszeit den Mann zu zeigen und seine Pflicht zu erfüllen und schloß die Versammlung mit dem Gruß an den Führer.
Nachdem vor 2 Jahren bereits die größeren Bauern sich zu einer Dreschgenossenschaft zusammengeschlossen haben und nachdem im vergangenen Jahr eine Schleppergenossenschaft gegründet wurde, haben sich in den letzten Tagen die Betriebsführer der kleineren Betriebe zu einer Dreschgenossenschaft II zusammengetan. Die Anschaffung einer Dreschmaschine mit Elektromotor ist bereits sichergestellt.
Nach längerer Pause fand am vergangenen Mittwoch abend wieder eine Aufführung der Württ. Landesbühne statt. Aufgeführt wurde das Lustspiel "Der Maulkorb". Trotzdem dieses Stück kurze Zeit vorher im Film gezeigt wurde, waren die Besucher von dem Gesehenen befriedigt. Der Besuch war den Umständen entsprechend ein guter, doch sind die auswärtigen Besucher infolge der schlechten Wegverhältnisse zum größten Teil ausgefallen.

Tauber Zeitung, 10. 2. 1940

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