Innenminister Dr. Schmid beim Niederstetter Herbstfest
Niederstetten, 7. Okt. Das diesjährige Erntedank- und Herbstfest wurde durch den Festzug um 12 Uhr eingeleitet. Voraus das Jungvolk mit den Fanfaren und Landknechtstrommeln, dann HJ. und BDM. mit bändergeschmücktem Erntekranz, die Pol. Leiter, Abordnungen der SA., NSKK., Sanitätskolonne, Kyffhäuserbund, Männergesangverein und dann die Bauern in ihrer Arbeitskleidung mit Arbeitsgeräten. Zum Schlusse drei Festwagen: Ein Wagen mit Früchten des Feldes und Schnittern, ein Winzerwagen, vollbehangen mit köstlichen Trauben und ein Wagen mit Geräten zur Flachsgewinnung bis zum Spinnrad, von fleißigen Händen in Tätigkeit vorgeführt. Auf dem Festplatze angekommen, sprach Bürgermeister Schroth zu den sehr zahlreichen Anwesenden Worte des Dankes für alle die bäuerlichen Helfer und nicht zuletzt dem Bauern selbst für alle die Mühen des Jahres und der Vorsehung, daß wir ein Erntedankfest feiern können. Für langjährige treue Dienste einer Anzahl Gefolgschaftsmitglieder konnte Bürgermeister Schroth im Auftrage des Ortsbauernführers Ehrenurkunden und Geschenke übergeben.
Da brach die herbstliche Sonne in wärmenden Strahlen durch das Grau des Himmels und mit offenen Herzen lauschten alle Festteilnehmer den Worten des Führers vom Bückeberg und spontan fielen die Zuhörer in den Beifall ein, der durch die Lautsprecheranlage drang, wenn besonders markante Sätze aus des Führers Munde erklangen. Ortsgruppenleiter Thomas sprach anschließend zu den Anwesenden und mit dankbarem Gefühle ertönte der Choral: „Nun danket alle Gott“, aus hunderten von Kehlen über den weiten Platz. Sprechchöre des JV., der HJ, und BDM. füllten den Nachmittag.
Mittags war schon eine freudige Ueberraschung bekannt, geworden: Innenminister Dr. Schmid war erschienen und versprach gegen Abend nochmals zu kommen, da er am Nachmittag die Orte Riedbach und Brettheim aufsuchen wollte. Innenminister Dr. Schmid hielt sein Wort; kurz vor Beginn des Winzertanzes zeigten Fanfarenklänge sein Kommen an, in seiner Begleitung waren Landrat Wöhrle, Kreisleiter Niklas, Kreisgeschäftsführer Walter und Bürgermeister Wiedmann-Gerabronn. Nach Abschreiten der Front, der im Viereck aufgestellten Festzugteilnehmer, begrüßte Bürgerm. Schroth Innenminister Dr. Schmid und überreichte ihm als Willkommgruß einen Becher, gefüllt mit 1934er Niederstetter Weines und einen Korb einheimischer Früchte und Trauben. Innenminister Dr. Schmid bedankte sich in herzlichen Worten für die Gaben und trank auf das Wohl der Gemeinde. Den gesanglichen Darbietungen des Männergesangvereins und der Vorführung des Winzertanzes zollte der Minister lebhaften Beifall. Zum Schlusse wurde ein Hammeltanz aufgeführt, der aber unter dem Mangel der Beteiligung etwas litt, sodaß nur ein Geldpreis ausbezahlt werden konnte. Der Traubenmarkt fand lebhaften Anklang und restlosen Absatz der vorhandenen Vorräte. Ein Tanzabend in der Turnhalle brachte noch einen schönen Ausklang des Erntedankfestes. — Am Samstag Abend hatte sich der Jahrgang 1895 zu einer Vierzigerfeier im Saale des Gasthauses Melber zusammengefunden. Da auch viele auswärtige Schulkameraden der Einladung hierzu Folge geleistet halten, so kam eine frohe Stimmung beim Austausch alter Jugenderinnerungen auf. Altersgenosse Sattlermeister Gottlob Schmidt begrüßte die Erschienenen und gerade der in der Ferne weilenden Schulkameraden und derer, die nicht mehr unter den Lebenden sind. Bürgermeister Schroth gab in einer längeren Ausführung einen Ueberblick über die Entwicklung der Gemeinde in den letzten 25 Jahren und vieles war selbst für die hiesigen Anwesenden von Interesse, da man vieles schon wieder vergessen oder in manches keinen Einblick erhalten hatte. Zum festlichen Gepräge des Abends trug ein gut Teil Chormeister Fleckenstein mit Tochter bei durch ihre musikalischen Darbietungen, welche durch gesangliche Vorträge eines Doppelquartetts des Männergesangvereins abgelöst wurden. Zum Gedenken an die im Weltkriege gefallenen Kameraden und der sonst vom Tode ereilten Altersgenossen legten die Vierziger am Sonntagmorgen am Ehrenmale der Gefallenen einen Kranz nieder.
Der Franke, Nr. 235, 8. 10. 1935