() Niederstetten, 25. Nov. Nie hat im Verlauf der bekannten Weltgeschichte ein Volk einen Krieg verloren u. doch seine Ehre so bewahrt wie das deutsche Volk. Ein 4jähriges Ringen, eine Mauer von Gefallenen lag rings um die Grenzen der Heimat, höher und höher stieg ihr Wall. Als aber die letzten Kämpfer der Uebermacht weichen mußten, war keine Festung, keine deutsche Stadt in den Händen der Feinde. Darum liegen auch die Gräber unserer Gefallenen weit verstreut auf den europäischen, afrikanischen und asiatischen Kriegsschauplätzen und viele ruhen auf dem Grunde des Meeres. Aber einmal im Jahr sammelt sich die Heimat, um an Denkmälern der Gefallenen ihres Ruhmes zu gedenken, ihnen Dankbarkeit zu beweisen. Was sind 10, was sind 20, was sind 100 Jahre Elend eines Volkes in der Weltgeschichte. Auch Deutschland wird wieder groß werden und die Heldentaten derer, welche Deutschland vor dem Feind geschützt haben, wird dauern über viele, viele Geschlechter. Eine eindrucksvolle Feier sammelte heute unsere Bürgerschaft vor dem Rathaus, von wo aus der imposante Zug, unter Vorantritt der Stadtkapelle, zum Kriegerdenkmal zog. Ernsten Wider heil fand der Trauermarsch in den Herzen der zahlreichen Teilnehmer. Am Kriegerdenkmal angekommen, sang der Männergesangverein ein Lied von der Treue. Dann ergriff Herr Stadtschultheiß Schroth das Wort. Einmal im Jahre, so führte der Redner aus, sammeln wir uns am Male der Gefallenen, um den Gefallenen und auch ihren Hinterbliebenen die Dankbarkeit der Heimat zu bekunden. Wie wir einig an diesem Denkmal feiern, so müssen wir alle Zeit einig sein und jeder auf das Wohl des Nächsten bedacht sein. Hierauf legte Herr Stadtschultheiß Schroth namens der Stadtgemeinde einen Kranz am Kriegerdenkmal nieder. Nach einem stimmungsvollen Lied des evangelischen Kirchenchors, sangen die Versammelten das Lied "Ich hatt einen Kameraden". Die schlichte Feier, vor allem die Worte des Herrn Stadtschultheiß Schroth, waren allen Teilnehmern eine innerliche Erhebung, die Gedanken weilten in der Erinnerung an die Toten, die Gedanken weilten an ihren fernen Gräbern. Möge sich ein einiges Deutschland der Taten des großen Krieges würdig erweisen.

Vaterlandsfreund, 27. 11. 1928