( ) Niederstetten, 27 Juni. Die letzten Jahre haben in unserer Gegend verschiedene Autolinien entstehen lassen. Die Frequenz ist eine recht verschiedene und zum Teil sind diese Linien sogar recht unrentabel. Dieser Umstand ist für den Kenner unserer Verkehrsverhältnisse nicht verwunderlich. Der Grundzweck der Autolinien ist doch der, den bestehenden Verkehr zu erfassen. Nebenzweck ist zur Erhöhung der Rentabilität den Verkehr zu vermehren und zum Teil erst zu schaffen. Das Letztere ist wohl am schwersten. Wenn ich nun bemerke, daß für den langjährigen Kenner des Verkehrs unserer Gegend die teilweise Unrentabilität der eingerichteten Linien fast selbstverständlich ist, so liegt der Beweis in der Tatsache, daß eine Stadt mit einem von jeher äußerst lebhaften Verkehr aus der ganzen Umgebung wie Niederstetten bis heute vom Kulturfortschritt des Automobilomnibusverkehrs überhaupt nicht beleckt wurde und daß die Fortführung der Autobuslinien in gut bevölkerte, bis jetzt vollständig verkehrslose Gebiete nicht erfolgt ist. Diese Gegend ist das von Niederstetten, Spielbach und Creglingen umschlossene Gebiet. Sowohl die Linie Künzelsau-Mulfingen als auch die Linie Bernsfelden-Hollenbach enden diesseits in einer Sackgasse. Sind schon Sackbahnen selten rentabel, so trifft dies noch mehr auf Autobuslinien zu. Zudem hat auch die Stadt Niederstetten ein unbedingtes Recht darauf, daß ihr ihr Landverkehr erhalten bleibt und die Landwirte der weiten Umgebung wünschen dies auch in ihrem eigenen Interesse. Mit der Kirchturmspolitik in Autoverkehrsinteressen kann und muß aufgeräumt werden, ebenso gut wie dies bei der Reichsbahn möglich war, ohne ein Land in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu schädigen. Auf die vielen gemeinsamen Bemühungen vieler Gemeinden der Umgebung und der Stadt Niederstetten soll hier nicht weiter eingegangen werden. Vielmehr soll ein neuer positiver Vorschlag an dieser Stelle gemacht werden. Dieser geht dahin: Die Linien Bernsfelden-Hollenbach und Künzelsau-Mulfingen werden bis Niederstetten durchgeführt. Ein Wagen dieser Linien oder beide abwechslungsweise befahren die Linie Niederstetten, Spielbach, Oberrimbach, Creglingen, Rinderfeld, Niederstetten oder in gleicher Fahrt über Spielbach zurück, je im Anschluß an die Züge in Creglingen und Niederstetten und möglicherweise an die Postautos nach Rothenburg o. T. Es wäre sehr wünschenswert und ist wohl auch zu hoffen, daß die Landwehrgemeinden diesen Plan unterstützen. Der neugegründete Verkehrsverband Hall hat hier schon eine Aufgabe, welcher er sich widmen kann.

Vaterlandsfreund, 29. 6. 1928