( ) Niederstetten, 3 März. Durch den Tod des Herrn Sattlermeisters Offner in Gerabronn war die Stelle des Prüfungsvorsitzenden für die Gesellenprüfung im Oberamt Gerabronn frei geworden. Durch die Besetzung entstanden nachher Mißhelligkeiten und Redereien und ganz besonders der Vorsitzende des Bezirkshandwerkerbundes Gerabronn, Herr Hieber sen., Blaufelden, wurde von mancher Seite ungerecht verdächtigt. Um die Angelegenheit ganz klar zu stellen und insbesondere sich von dem Vorwurf zur entlasten, er habe den Vorschlag des Bezirkshandwerkerbundes nicht an die Handwerkskammer weitergegeben, hielt Herr Hieber am Donnerstag eine gemeinsame Sitzung mit dem Ausschuß des Gewerbevereins Niederstetten ab. Nach der Erledigung der Stelle des Prüfungsvorsitzenden für die Lehrlingsprüfungen im Bezirk Gerabronn kamen drei Vorschläge an die Handwerkskammer Heilbronn. Ein Gewerbetreibender aus Niederstetten schlug (wahrscheinlich im Auftrag der Sattlerinnung) Herrn Sattlermeister Knieser-Schrozberg vor. Der Gewerbeverein Gerabronn wurde persönlich und schriftlich unterstützt von der Stadtverwaltung bei der Handwerkskammer vorstellig und schlug Herrn Lederer, Gerabronn vor. Zwischen beiden Vorschlägen lag zeitlich eine Ausschußsitzung des Bezirkshandwerkerbundes Gerabronn in Blaufelden. Diese Versammlung beschloß mit Stimmenmehrheit Herrn Gewerbelehrer Merckle-Niederstetten-Blaufelden zum Prüfungsvorsitzenden für den ganzen Bezirk vorzuschlagen. Als 2. Vorsitzender sollte Herr Lederer-Gerabronn nominiert werden, dieser erklärte aber das Amt eines 2. Vorsitzenden nicht anzunehmen. Trotzdem nun eine Entscheidung des Bezirkshandwerkerbundes vorlag, hat sich die Handwerkskammer in ganz anderer Richtung entschlossen. Sie teilte den Bezirk Gerabronn in zwei Teile, ernannte zum Prüfungsvorsitzenden des Bezirks Gerabronn Herrn Lederer und zum Vorsitzenden des Bezirks Niederstetten-Blaufelden Herrn Knieser. Dadurch entstand die Version, der Vorstand des Bezirkshandwerkerbundes habe den Vorschlag nicht weitergegeben. Aus der von Herrn Hieber vorgelegten Korrespondenz ging jedoch einwandfrei hervor, daß der Wahlvorschlag des Bezirkshandwerkerbundes ordnungsgemäß an die Handwerkskammer weitergeleitet wurde und auch bei dieser eingetroffen war. Anscheinend hat die Fülle der Vorschläge der Handwerkskammer ihre Entscheidung erschwert. Sie glaubte, eine Wunsche des Bezirks zu entsprechen, wenn sie auf die frühere Zweiteilung zurückging. Selbstverständlich hätte der Handwerkskammer der mit großer Mehrheit gefaßte Beschluß des Bezirkshandwerkerbundes die Richtlinie für ihre Entschließung geben sollen. Auch die ernannten Handwerksmeister genießen das Vertrauen der Handwerker des Bezirks, trotz alledem muß der deutlich ausgesprochene Wille des Bezirkshandwerkerbundes für die Handwerkskammer maßgebend sein. Die weitere Aussprache galt dem Ausbau der Gewerbeschule. Blaufelden und Niederstetten sind sich darin einig, ihre Gewerbeschulen unter Anstellung eines dritten Lehrers auszubauen und der Errichtung von Fachklassen ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.

Vaterlandsfreund, 6. 3. 1928