* Niederstetten, 25. Febr. Der Gewerbeverein hielt gestern Abend seine Generalversammlung im Melberschen Saal ab. Im Anschluß an den Jahresbericht entwickelte sich eine längere Aussprache über die Gewerbeschulverhältnisse, wobei besonders betont wurde, ob nicht etwa eine Reorganisation derselben am Platze wäre, so wie es bereits bei anderen Gewerbeschulverbänden geschehen ist. Allgemeine Zustimmung fand die beabsichtigte Errichtung von Fachklassen. Ziemliches Befremden rief ein Vorkommnis hervor, daß darin seinen Grund hat, daß seinerzeit eine Bezirkshandwerkerversammlung in Blaufelden einstimmig beschloß, den Vorstand der Gewerbeschule Niederstetten-Blaufelden als Vorsitzenden des Gesellenprüfungsbezirks vom unteren Teil des Oberamts Gerabronn der Handwerkskammer Heilbronn zur Nominierung vorzuschlagen. Dieser Vorschlag, den Blaufelden weiterleiten sollte, gelangte anscheinend nicht an seinen Bestimmungsort, wohin gegen der Vorschlag einer einzelnen Innung sein Ziel erreichte. Von der Versammlung konnte nicht eingesehen werden, daß dem Abbau der vier württembergischen Handwerkskammern noch nicht näher getreten wurde. Die von den Anhängern und Funktionären der Handwerkskammern ins Feld geführten Gründe für Erhaltung der Vier-Kammersystems wurden allgemein für nicht stichhaltig befunden, nach dem andere Berufsstände mit ihrem Einkammersystem eine glänzende berufsständische Vertretung haben. Trotz der verschiedenen Art ihrer wirtschaftlichen Struktur innerhalb des württ. Landes. Leider wurden in dieser Versammlung keine bestimmten Beschlüsse gefaßt, doch herrschte die Ansicht vor, daß die ausgiebige Aussprache über die einzelnen zur Debatte gestandenen Fragen mit zur Klärung beitrug, um zu gegebener Zeit dem Wort die Tat folgen können zu lassen. Mit dieser Absicht schloß wohl auch der Vorstand Hirsch die Versammlung.

Vaterlandsfreund, 28. 2. 1928