( ) Niederstetten, 14. Febr. Unsere Einwohnerschaft ist im allgemeinen recht nüchtern. Der Bürger geht abends zeitig nach Hause, unsere Damen betätigen sich vorzüglich im Landw. Hausfrauenverein und auch unsere Jugend beschränkt ihre Streiche auf ein vernünftiges Maß. Daß aber keine Regel ohne Ausnahme ist und daß unsere Jungen und Alten auch recht vergnügt über die Schnur hauen können, bewies der Maskenball des Schützen- und Sportvereins. Es war ein guter Gedanke von beiden Vereinen, sich zu der Veranstaltung zu vereinigen, so konnte etwas wirklich Schönes geboten werden. Der Löwensaal war auf das Schönste dekoriert, um "Eine Nacht in Venedig" vorzutäuschen, sogar ein tiefblauer, südlicher Himmel wölbte sich über den Maskenvolk. Eine Gondel lud zu einer Fahrt durch den Canal Grande ein. Es konnte also nicht fehlen, daß in einer so anregenden Umgebung sich ein fröhliches Leben entwickelte. Eine große Anzahl schöner Masken boten im lustigen Wirbel ein farbenprächtiges Bild in allen Räumen, sogar in der Sektbude ging es hoch her oder vielleicht gerade in der Sektbude. Leider konnte der Korrespondent sich die Sektbude nur von außen betrachten, seine Diäten reichen nicht für eine gründliche Erforschung solcher "volks" "wirtschaft" licher Institute aus. Die entsprechend kostümierte Stadtkapelle gab ihr Bestes. So nahm "die Nacht in Venedig" einen lustigen Verlauf und erst als der deutsche Morgen heraufdämmerte, traten die letzten Festteilnehmer ihre Heimreise von Venedig an.

( ) Niederstetten, 14. Febr. Unsere Stadt wurde durch die Trauerkunde überrascht, daß Herr Bezirksnotar Klein, welcher sich in Würzburg im Krankenhaus befand, dort gestorben sei. Die Leiche wird hierhergeführt. Herr Bezirksnotar Klein war als pflichtgetreuer, dem Publikum jederzeit gefälliger und entgegenkommender Beamter hier und in der Umgebung hochgeschätzt. Auch gesellschaftlich war Herr Klein sehr beliebt. Der Turnsache brachte der Dahingeschiedene großes Interesse entgegen und verliert der Turnverein in ihm seinen tätigen und umsichtigen 2. Vorstand.

Vaterlandsfreund, 16. 2. 1928