( ) Niederstetten, 11. Nov. Die starken Regenfälle dieser Tage haben an den Straßen große Verwüstungen angerichtet. Das Wasser kam in solchen Mengen, daß unserer breitgesprengten Brücken dasselbe fast nicht zu fassen vermochten. Der ganze Kanal war überschwemmt. Der Wasserstand überstieg denjenigen des Jahres 1919 um mehr als einen Meter.

( ) Niederstetten, 11. Nov. Der Gemeinderat hatte heute insofern eine bedeutungsvolle Sitzung, als er den Etat festlegte. Der Etat der Gesamtgemeinde ergibt mit 22 210 Mark Einnahmen und 52 320 M Ausgaben ein Minus von 30 110 M, bei dem Etat der Teilgemeinde Niederstetten errechnet sich bei 18 270 M Einnahmen und 48 960 Mark Ausgaben ein Minus von 30 690 M. Die Umlage wurde festgesetzt für die Gesamtgemeinde auf 14 Prozent gegenüber 12,5 Prozent im Vorjahr und für die Teilgemeinde Niederstetten auf 17,8 Prozent. Die Gesamtumlage von 31,8 Prozent übersteigt die Gesamtumlage des Vorjahres nur um ein Geringes. In der Hauptsache errechnet sich die höhere Umlage aus der neuen Gehaltserhöhung und den bedeutend höheren Anforderungen der Kooperation. Diese gesteigerten Bedürfnisse der Kooperation haben ihre Ursache ebenfalls in der Gehaltserhöhung und ferner in den großen Aufwendungen für die soziale Fürsorge und den großen notwendigen Ausgaben für den Straßenbau. Bei den Einnahmen erscheint zum erstenmal die Biersteuer. Diese ist mit einem Betrag von 500 M eingesetzt und so niedergehalten, daß auf ein Glas Bier nicht ganz 0,7 Pfennig kommen. Bei dem Titel Ortsvorsteher gab Herr Stadtschultheiß Schroth die Erklärung ab, daß er für die Monatsversammlung der Kooperationsbeamten noch nie Diäten berechnet habe. Unter Einnahmen erscheinen u. a.: die Jagd mit 1700 M, die Schäferei mit 1000 Mark, Pachtzinsen mit 4100 M, Einnahmen für Obst mit 2000 M und Einnahmen aus dem Gemeindewald mit 1600 M. Für die Auffrischung des Obstbaumbestandes wurden wieder ansehnliche Mittel bewilligt. Ebenso wurden für die Erhaltung der Wege und Anlage des unteren Weinbergweges als Panoramaweg Mittel ausgeworfen. Recht gering ist der Titel Gesundheitswesen bemessen. Ein Gemeinderat beantragte im Hinblick auf das bedauernswerte Fehlen eines Krankenhauses: der Gemeinderat möge seine Zustimmung zu der notwendigen Errichtung eines Krankenhauses durch Bewilligung eines kleinen Betrages zur Gründung eines Krankenhaus-Fonds zum Ausdruck bringen. Ein anderer Gemeinderat stellte einen gleichen Antrag hinsichtlich des Schulhauses. Beide Anträge fanden Annahme. Mit Rücksicht auf die ohnehin schwierige Finanzlage sahen beide Gemeinderäte von weitergehenden Anträgen ab. Der Schlag-Durchschnittspreis für den "Heurigen" wurde auf 260 RM. festgesetzt. Hierauf fand die Verpachtung der hiesigen Schafweide (Sommerweide) statt. Es hatten sich aus Nah und Fern viele Schäfer eingefunden. Den Zuschlag erhielten die Meistbietenden Schmied-Backnang und Fichter-Korb mit zusammen 1315 M. – Bei der Etatberatung des Gemeinderates wurde auch die Sicherheit der Straßen eine ausgiebige Beratung gewidmet. Insbesondere kommen an die Stadteingänge große Schilder mit den Ortsnamen. Außerdem werden bei der Kooperation die dringend notwendigen Warnungsschilder (Kurven etc.) für die Straßen um unsere Stadt beantragt. Eine recht gefährliche Stelle für Motorgefährte und Fußgänger, besonders für die Schuljugend ist der kleine Durchgang von der Hauptstraße zum Kirchplatz an der schmalsten Stelle der Hauptstraße. Der Antrag, diesen Durchgang am Wochentagen zu sperren und nur an Sonntagen zu öffnen, wurde abgelehnt. Bei der Schuljugend helfen aber erfahrungsgemäß Warnungen nur sehr wenig. Es ist besser, den Durchgang zu schließen, bevor ein Unglück den letzten und überzeugendsten Beweis für diese Notwendigkeit erbringt.

Vaterlandsfreund, 13. 11. 1927