( ) Niederstetten, 3. Dez. Vor dem Kriege spielte die Kunst eine untergeordnete Rolle im Leben des Volkes. Ein Holzschnitt oder ein Oeldruck, ein Regentenbild oder ein Heiligenbild und dem Kunstbedürfnis war Genüge geschehen. In dieser Hinsicht hat sich im Volksleben nach dem Kriege eine große Wandlung vollzogen. Ein großer Teil unserer Männerwelt war aus dem engen Kreis der Heimat hinausgekommen und hatte neue Anschauungen an den häuslichen Herd gebracht. Ein emporstrebendes Kunstgewerbe hatte erzieherisch auf den Geschmack des Volkes gewirkt. Ganz besonders auch hatte die Schule die Liebe zur Kunst geweckt. Aus diesen Erwägungen heraus kann es ein Künstler unternehmen, eine Ausstellung seiner Werke in unserer Stadt zu veranstalten. Es ist dieser Albert Gehring, ein Sohn unserer Stadt, welcher im Postsaal vom 4. bis 14. Dezember ein überaus reiches Bild seines vielseitigen künstlerischen Schaffens bietet. In weit über hundert prächtigen Oelgemälden erblicken wir ein getreues Spiegelbild der schönsten Punkte unserer engeren und weiteren Heimat. Sowohl landschaftlich als architektonisch ist der Künstler tief in die Seele der Landschaft eingedrungen. – Auch vor dem kunstgewerblichen Können Herrn Gehrings empfinden wir hohe Achtung. Er ist ein Meister des Stoffes und der Form, ob es sich um Ton oder Holz oder Leder, um edle oder unedle Metalle handelt. Jeder Besucher der Ausstellung wird erfreut sein, einmal sein Auge an so vielen schönen Dingen weiden zu dürfen. Wer aber die Absicht hat, sein Heim künstlerisch zu bereichern, dem werden die niederen Preise dies ermöglichen. Zudem erhält jeder Besucher für den niederen Eintrittspreis einen schönen Originalholzschnitt nach seiner Wahl. Herr Albert Gehring hat sein Künstlerheim auf der Stöckenburg bei Vellberg aufgeschlagen. Viele Freunde aus der Heimat haben ihn in seinem Tuskulum schon besucht. Nun er zu uns kommt, verdient er das Interesse der Heimat an seiner Kunst.

Vaterlandsfreund, 5. 12. 1925