( ) Niederstetten, 6. Juli. Der hiesige Kriegerverein hat Fest- und Ehrentage hinter sich, auf welche er mit Recht stolz sein kann. Fünfzig Jahre sind seit seiner Gründung verflossen und für die alte Fahne, welche so manchen Sturm erlebt hatte, galt es eine neue Fahne zu weihen. Unsere Stadt hatte sich angelegen sein lassen, durch reichen Festschmuck zu zeigen, daß die freudige Teilnahme allgemein war. Eine außerordentlich große Anzahl von Vereinen, darunter sogar solche aus Bayern und Baden, nahmen an dem Feste teil. Eingeleitet wurde das Fest durch einen feierlichen Feldgottesdienst im Hofgarten, welchen Herr Stadtpfarrer Hahn abhielt. Von dort aus bewegte sich ein ernster Zug zum Kriegerdenkmal. Dort widmete Herr Vorstand des Kriegervereins, Gemeinderat Neubert, den toten Kameraden herzliche Gedenkworte. – Nach Beendigung dieser Feier entwickelte sich in unserem "Tempele" ein flotter Schützenbetrieb. Der Festzug erhielt durch die Gruppe der Winzerpaare und zahlreiche, zum Teil von den Vereinen selbst mitgebrachte Musikkapellen Farbe und Leben. Auf dem Festplatz angekommen, begrüßte Herr Richard Knenlein die Festversammlung namens des Kriegervereins Niederstetten, Hr. Stadtschultheiß Schroth namens der Stadt. Die Festrede hielt Herr Stadtpfarrer Hahn, welcher der neuen Fahne die Weihe gab. Herr Stieren-Ludwigsruhe überbrachte die Grüße des Bezirks, Herr Major Bürger beglückwünsche den Verein namens des Präsidiums des württ. Kriegerbundes. Alle Reden betonten den interkonfessionellen und interparteilichen Charakter der Kriegervereine. Ihr Zweck gehe dahin, die alten Erinnerungen zu ehren, zum Wiederaufbau des Volkes beizutragen und in Not geratene Kameraden zu unterstützen. Nach Enthüllung der Fahne knüpfte ein Fräulein ein von den Frauen und Jungfrauen des Vereins gestiftetes Band an die Fahne. Mit herzlichen Glückwunschworten tat ein Vertreter des Patenvereins Oberstetten das Gleiche. Ein drittes Fahnenband mit der Aufschrift: Den Kameraden meiner neuen Heimat – Treue um Treue! stiftete Herr Willy Schuster (aus Lendsiedel) als Zeichen der Dankbarkeit für die freundliche Aufnahme, die er überall im hiesigen Bezirk fand. Der Vorstand des Kriegervereins Igersheim dankte den Frauen für ihre Arbeit und Treue im Krieg. An den Festakt schloß sich der historische Winzertanz an, welcher in der Vielfältigkeit seiner Bilder und der hingebenden, glänzen Durchführung seitens der Paare begeisterte Aufnahme fand. Der schön verlaufene Festball fand in der Turnhalle statt. Leider machte das Wetter ab und zu einen kleinen Strich durch die Rechnung des Programms. Aber da immer bald wieder ein freundlicher Himmel lachte, so ließen sich die Tausende von Festteilnehmern die Festesfreude nicht stören. Den Festakt umrahmte der hiesige Männergesangverein mit schönen Chören. Der musikalische Teil lag in den Händen der hiesigen Stadtkapelle und der Musikkapelle Oberstetten. – Der heutige Tag vereinigte die hiesigen Schulen und Einwohnerschaft, sowie mehrere Nachbarortschulen und viele fremde Besucher zu einem bestgelungenen Kinderfest. Schon der liebliche Festzug mit den Winzern, mit Märchenwagen, Schnittergruppe und mit den bei der Jugend so beliebten Indianern ließ alle Herzen der Jungen und Alten höher schlagen. Auf dem Festplatz wechselten Spiel und Tanz und ernste Körper- und Geschicklichkeitsübung bis zum späten Nachmittag. So konnte Herr Stadtschultheiß Schroth das Fest mit zufriedenem Rückblick und hoffnungsvollem Ausblick schließen.

Vaterlandsfreund, 9. 7. 1925