Niederstetten. Am Sonntag, den 3. ds. Mts. fand im Gasthof zur Post unter dem Vorsitz des Obermeisters der Zwangsinnung für das Schneidergewerbe für den Oberamtsbezirk Gerabronn, Herrn Schneidermeister Chr. Mahl-Gerabronn eine Kreisversammlung der Schneiderzwangsinnungen der Oberämter Gerabronn, Crailsheim, Mergentheim und Oehringen unter starker Beteiligung statt. Neben dem Landesverbandsvorsitzenden Herrn Schleicher aus Stuttgart, war auch Herr Stadtschultheiß Schroth in Niederstetten erschienen. Herr Mahl hieß zunächst mit dem Hinweis auf die Wichtigkeit der heutigen Tagesordnung die Versammlung herzlich willkommen. Hierauf ergriff Herr Stadtschultheiß Schroth das Wort und entbot den Willkommgruß der Stadt. Er betonte in seinen Ausführungen, daß er besonders deshalb erschienen sei, um die Nöten dieses Gewerbezweiges kennen zu lernen, worunter auch das Gewerbe am eigenen Platze zu leiden habe. Er wünschte sodann der Versammlung einen guten Verlauf zum Nutzen und Segen des deutschen Handwerks. Hieran anschließend nahm Herr Schleicher das Wort. In seinen gut gehaltenen Ausführungen wies er auf die im Laufe des letzten Jahrzehnts in Württemberg zu Stande gekommene Schneiderzwangsinnungen, deren es heute 62 an der Zahl sind, hin. Er kam sodann auf die steuerliche Belastung des Handwerks zu sprechen und beleuchtete die vom Verband bei den maßgeblichen Behörden unternommenen Schritte. Im Anschluß hieran behandelte er eingehend die Tariffrage. Auch zu den Lehrlings- und Meisterprüfungsfragen nahm er eingehend Stellung, wobei er nicht unerwähnt ließ, daß der Kern des heutigen Handwerks im guten Meister liegt und es deshalb vor allem wichtig sei, gute Meister heranzubilden. Zum Schluß berichtete er über die kommende Mode und deren Verarbeitung. Herr Obermeister Mahl dankte sodann den beiden Herren und der ganzen Versammlung für das Erscheinen und sollte den beiden Herren besonderen Dank für ihre reichhaltigen Ausführungen zum Nutzen und Förderung des edlen Handwerks. Im Anschluß hieran fand nachm. um 2 Uhr noch eine Pflichtversammlung statt, in der der Obermeister Haug aus Crailsheim das Wort ergriff und über Auswüchse im Handwerk usw. berichtete. Mit einem Appell, daß beide Versammlungen zum Nutzen und Segen des Handwerks sein mögen, wurde die Versammlung geschlossen. r.

Vaterlandsfreund, 16. 5. 1925