= Niederstetten, 4. Sept. Der Ostgau der Gewerbevereine des Handwerkskammerbezirks Heilbronn hielt am Sonntag, den 31. Aug., seine diesjährige Gauversammlung im Gasthof zur Post hier ab. Der Hauptversammlung ging eine Delegiertensitzung voraus, bei der 21 Vertreter der verschiedenen Vereine anwesend waren. Der Vorsitzende, Herr Drechslermeister Burger-Mergentheim, eröffnete die Tagung und begrüßte die zahlreich Erschienenen. Namens der Stadt sprach Herr Stadtschultheiß Schroth Begrüßungsworte und wünschte der Tagung guten Verlauf, desgleichen Herr Handwerkskammervorsitzender Schurr-Heilbronn. Nach dem gegebenen Rechenschafts- und Kassenbericht referierte Herr Syndikus Dr. Frey-Heilbronn über "Handwerkerfragen der Gegenwart". In der Hauptsache sprach der Referent über das Dawesgutachten und dessen Auswirkung auf die deutsche Wirtschaft und kam dann schließlich zu der Schlußfolgerung, das vom rein wirtschaftlichen Standpunkt aus keine andere Möglichkeit war, als das Gutachten anzunehmen, um noch weit schlimmere Eingriffe in das deutsche Staats- und Wirtschaftsleben zu verhüten, um den Zerfall der Nation hintanzuhalten und schließlich der Bevölkerung an Rhein und Ruhr die Freiheit bis in Jahresfrist zu verschaffen. Für die Besserung auf dem Baumarkt verspricht sich der Redner eher von der Aufhebung der Wohnungszwangsbewirtschaftung etwas, als von den derzeitigen gesetzlichen Maßnahmen. In steuerlicher Hinsicht wünscht er eine individuellere Behandlung der Steuerzahler und der Steuern selbst und hält es für verfehlt, daß beispielsweise die Vermögenssteuer die Grundlage für soundsoviel sonstige Steuern bildet. Nach erschöpfender Behandlung verschiedener sonstiger Handwerkerfragen schloß der Referent seine sehr interessanten zweistündigen Ausführungen unter lebhaftem Beifall. Als Vorort für die nächsten 3 Jahre wurde Crailsheim bestimmt. Es kamen noch die Fragen der Verschmelzung der Gewerbevereine und Innungen, sowie das Einkammersystem an Stelle der vier württembergischen Handwerkskammern zur Diskussion. Ein Beschluß konnte jedoch nicht herbeigeführt werden infolge der bestehenden Satzungen einerseits und andererseits der in Aussicht stehenden neuen Reichsgewerbeordnung. Nach einem Appell an die Versammlung, die Handwerker möchten in ihrem eigenen Interesse durch Beitritt zur Handwerkerkrankenkasse des württembergischen Landesverbands diese unterstützen, schloß der Vorsitzende die Versammlung mit Worten des Dankes und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft für das schwer um seine Existenz ringende Handwerk.

Tauber-Zeitung, 8. 9. 1924

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