() Niederstetten, 27. April. Das mit der Einweihung der neuen Orgel in der evangelischen Stadtpfarrkirche zu Sankt Jakob verbundene Kirchenkonzert hatte die Kirche mit einer ganz großen Anzahl von Zuhörern bis auf den letzten Platz gefüllt. Das Interesse an den in Aussicht stehenden künstlerischen Genüssen hat auch recht viele Fremde hierhergeführt. — Einige Worte über die Orgel als Musikinstrument der Kirche. Das Alter der Orgel ist unbekannt. Jedenfalls geht ihr Ursprung auf verschiedene ähnlich geartete Instrumente des Altertums zurück. Die erste Orgel in ihrer heutigen Form wurde im Jahre 1312 durch einen Deutschen in Venedig erbaut. Lange war sie als Instrument zu kostbar, um allgemein verwendet zu werden. Erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurde ihr Gebrauch allgemeiner. Der Orgel in ihrer heutigen Gestalt und Einrichtung gebührt die Anerkennung, daß sie das größte und volltönendste aller Instrumente ist. Es ist daher auch zu verstehen, daß eine große Reihe klassischer Schöpfungen für Orgel aus der Geschichte der Musik hervorragen. — Die Vortragsfolge des Kirchenkonzertes unterscheidet zwei Reihen klassischer Komponisten, solche des 16. bis 17. Jahrhunderts und solche des 17. und 18. Jahrhunderts. Von den ersteren ist Schütz (von einem Zeitgenossen der Vater der deutschen Musik genannt), der bekannteste und produktivste. Unter den letzteren heben sich als gleichwertig und in ihren- Kompositionen höchstwertig Bach und Händel hervor. — Für die Sopransoli war Frau Meta Sindlinger-Heilbronn gewonnen worden. Ein wirklicher Gewinn. Denn die bis in die höchsten Lagen reine und volle Stimme wurde ihrer Aufgabe in begeisternder Weise gerecht. Frau Sindlinger sang geistliche Lieder und Arien von Bach und Händel. Der Kirchenchor trug Bach, Schein, Rosenmüller und Schütz vor. Der Choral wirkt besonders im Chor leicht starr und eintönig. Es ist Aufgabe der Sänger, der Komposition Leben einzuhauchen und das war das durch den ev. Kirchenchor unter seinem Dirigenten Herrn Oberlehrer Wahl überzeugend erreichte Ziel. Dabei war die Sprache klar und deutlich, das Einsetzen der Stimmen und die Tonhaltung ohne Tadel. — Der Vortrag der Kompositionen für Orgel war Herrn Studienrat Roos-Heilbronn übertragen. Er beherrschte das Instrument meisterhaft und verstand es, die Tonfülle der neuen Orgel zum Ausdruck zu bringen. Tiefen Eindruck machte auch die Komposition für Orgel (Herr Roos), 2 Violinen (die Herren Stadtpfarrer Umfried und Hauptlehrer Hauf) und Cello (Herr Oberlehrer Wahl) von Corelli. — Das Konzert fand in dem lebhaften Präludium für Orgel in G-Dur von Bach einen würdigen Abschluß. — Das in schönem Barock ausgeführte Aeußere der Orgel, der Rahmen ist mit Recht erhalten geblieben. Die ev. Gemeinde hatte ihre patriotische Pflicht erfüllt und während des Krieges ihre guten Zinnpfeifen gegen minderwertige Pfeifen ausgetauscht. Jetzt glänzt die Orgel wieder im Schmucke der in hochwertigem Material ausgeführten Pfeifen. Sowohl der Organist als auch die Gemeinde haben daran ihre Freude. Wir beglückwünschen die. Gemeinde zu dem neuen wohlgelungenen Werke.

Vaterlandsfreund, Nr. 97, 28. 4. 1931