() Niederstetten, 3. Jan. Weihnachtskonzert des Männergesangvereins Niederstetten. Mitwirkende: Bariton: Oberlehrer Wahl, Stadtorchester Bad Mergentheim, Männer- und Frauenchor des Vereins. Leitung: Chormeister Adolf Fleckenstein. Die glänzend erleuchtete Turnhalle ist dicht besetzt, die Bühne trägt einfachen grünen Schmuck, Im Hintergrund symbolisieren zwei beleuchtete Tannenbäume die Weihnachtszeit. Das ist der äußere Rahmen des Konzertes, welches wohl für alle Zuhörer ein inneres Erleben geworden ist. Im Mittelpunkt der Vortragsfolge stand die Cantate „Die heilige Nacht“ von Gade für Bariton, gemischten Chor und Orchester. Die einfach poetische Schilderung der Weihnacht drückt sich in den Chören der Seraphim und der Hirten aus. Ueber beide erhaben und doch beide verbindend erklingt der Gesang des Seraphs. Kein poetischer Ueberschwang des Textes. Aber der einfache Gesang der Hirten und der himmelerhebende Gesang der Seraphim, das prophetische Mahnen des Seraphs, alle noch gehoben durch die: gewaltigen Töne der Begleitmusik, verbinden sich zu einem Musikwerk, dessen Eindruck auf die Hörer nicht nur von einem kurzen Augenblick ist. Ernst begann die Vortragsfolge — der Seemann feiert in der Fremde Weihnacht. Dem folgte das Gellertsche Gebet in der Komposition von Beethoven. (Männerchor mit Orchesterbegleitung). Der großen Kantate folgte das gemütvolle Straßburglied aus des Knaben Wunderhorn in der Komposition von Kienzl, das Leid des aus Heimweh desertierten Soldaten tief ergreifend darstellend. Dann kamen Männerchöre, welche von der Heimat, der ersten Liebe und dem pfeifenden Vöglein erzählten — feinsinnig führte die Vortragsfolge in eine gehoben heitere Stimmung. Die gemischten Chöre „Wie's daheim war" und „Der Spielmann“ ließen in manchen Augen Tränen emporquillen, aber in dem sinnreichen und lustigen Lied „Die Gedanken sind frei“, kam, fortgerissen durch die flotte Melodie alles wieder in gute Stimmung. Es ist nicht möglich, jedes einzelne Lied zu nennen. Das Stadtorchester Bad Mergentheim spielte den „Calif von Bagdad“ (Ouverture), das „Intermezzo u. die Bacarole“ aus „Hofmanns Erzählungen“ und eine Folge aus dem „Dreimädelhaus“. Eine Kritik erübrigt sich. Gesanglich war hier dergleichen noch nicht geboten worden, umso erstaunlicher, wenn wir Sänger und Sängerinnen betrachten, alle im Alltagsberuf stehende fleißige Menschen, denen die Kunst des Gesanges kein Beruf, sondern nur Erholung ist. Und diese Sänger und Sängerinnen vermochte ihr Stabführer zu solcher künstlerischer Höhe zu führen. Hut ab von dem Stabführer, Hrn. Chordirigenten Fleckenstein, Hut ab vor den Sängerinnen und Sängern. Besonderer Dank und Anerkennung gebührt Herrn Oberlehrer Wahl dafür, daß er seine schöne Stimme für das Baritonsolo (Seraph) zur Verfügung gestellt hatte und für die meisterhafte Durchführung seiner Aufgabe. Ebenso stand der musikalische Teil des Konzertes künstlerisch hoch. Tadellos war das Zusammenwirken zwischen Orchester und Chören. Noch vieles wäre im Einzelnen zu sagen und zu loben. Herr Vorstand Julius Schneider begrüßte die Festversammlung. Wohl, so führte er aus, sei von einem Uebermaß an Weihnachtsfeiern abgeraten worden, aber Weihnachten ohne ein Lied sei gar nicht auszudenken. Wenn auch die Zeiten ernst seien, so gelte doch immer noch das Wort Cäsar Flaischlins: Sonne im Herzen und ein frisches Lied dazu, vermögen den Menschen zu erheben. Dem Konzert schloß sich ein Ball an. Besonders sei noch die flotte Abwicklung des Programmes, als allgemein angenehm empfunden, hervorgehoben. Während der Festlichkeit überreichte Herr Vorstand Schneider den langjährigen Mitgliedern des Vereines, Herren Friseur Wild und Kaufmann Kießecker sen., die Ehrenmitgliedsurkunde.

Vaterlandsfreund, Nr. 3, 5. 1. 1931