Bescheinigung.
Dem Bürgermeister Karl Weber hier, mit dem ein Verwandtschaftsverhältnis mit dem unterzeichneten Stelleninhaber nicht besteht, wird bescheinigt,
1. dass er etwa 1938 der Jüdin Frau Selling Witwe, die in Lehrberg ihren Wohnsitz zwangsweise aufgeben musste, Unterkunft im Gebäude Nr. 136 gewährte und hiewegen Vorwürfe der Ortsgruppenleitung Niederstetten, dass er Juden noch Unterschlupf gewährte, anstatt diese los zu werden, hinnehmen musste;
2. dass er trotz Aufforderung der Aufsichtsbehörde, die bei der Stadtgemeinde vorhandenen jüdischen Stiftungen aufzuheben, diesen Beschluss wohl formell mit dem Gemeinderat gefasst hat, dass er aber die Ausführungen dieses Beschlusses unterlassen hat und die jüdischen Stiftungen heute noch dem Namen und Betrag nach unverändert weiter bestehen, wovon die vorhandenen Sparkassenbücher Zeugnis ablegen;
3. dass er der Aufforderung der Aufsichtsbehörde, 75% der vorhandenen Gemeinde-Sparkasseneinlagen in Reichsschuldverschreibungen anzulegen, nicht nachgekommen ist, und dass sämtliche Spareinlagen noch vorhanden sind;
4. dass er über die ganze Dauer seiner hiesigen Tätigkeit als Bürgermeister nie politisch hervorgetreten ist und einen politischen Einfluss oder Druck auf die Angestellten und Arbeiter der Stadtgemeinde nie auszuüben versuchte.
Niederstetten, den 16. April 1948.
Stadtpflege:
Pflüger
Stadtpflege Niederstetten