Niederstetten. (Bauerntag.) Das Jahr 1925 bildet einen Markstein in der Geschichte des Bauernstandes. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn dieses Jahr, nachdem 400 Jahre darüber verflossen sind, landauf, landab, besonders aber auch in unserem Frankenland, dieser alten Zeit gedacht wird. Die Festspiele in Würzburg, Königshofen und Giebelstadt ließen uns einen Einblick tun in die traurigen Verhältnisse dieser Zeit des großen Bauernkrieges. Auch am Bauerntag in Niederstetten wird ein Festspiel seine Aufführung finden, daß in wirklich packender Weise zeigt, wie groß die Not, wie hart das Los der Bauern vor 400 Jahren war, und wie sich daraus die revolutionäre Erhebung erklären läßt. Der Titel des Stückes ist "Der Herrenmüller von Sontheim", dramatisiert von dem Verfasser des gleichlautenden Romans, Herrn Schriftsteller Hermann Hanselmann-Stuttgart. Wie schon der Titel verrät, führt uns das Stück im Geiste nach Sontheim und Bühlerthann, OA. Hall, deren Bewohner unter der strengen Herrschaft des Junkers Wolf von Vellberg standen. Schwerer lasteten dort auf den Bauern die Steuern und Fronen für die Herrschaft; menschenunwürdig war ihre Behandlung besonders durch den dortigen Vogt Sigmund Burger. Nur einem, dem jugendlichen Herrenmüller von Sontheim, Hans Konrad Morstein, eine feine und edle Natur, war es gelungen, die Fronen und Steuern durch schweres Geld abzulösen. Aber er wird von dem bereits genannten Vogt Burger um seinen Freibrief betrogen. Markant kommt im weiteren Verlauf des Spiels zum Ausdruck, wie die bedrückten Bauern von Sontheim und Bühlerthann in geheimen Versammlungen durch ihre beiden Pfarrer Ulmer und Kirschenesser und besonders den Sichelschmied Michael Kling von Hall und andere Bauernführer zum offenen Kampf gegen die Herrschaft aufgefordert und aufgestachelt werden. Weiter wird uns der Ueberfall auf das Schloß Vellberg vor Augen geführt. Aber auch in diesem Stück kommt in anschaulicher Weise gegen den Schluß zum Ausdruck, daß die Uneinigkeit unter sich, der Mangel an der großen führenden Persönlichkeit, betrogen von ihrem einstigen Führer, dem Vogt Fierler von Tannenburg, die große Erhebung zum Scheitern brachte. Die Reichsstadt Hall war dabei der treue Bundesgenosse der Vellberg'schen Herrschaft. Aus all dem wüsten Revolutions- und Kriegslärm leuchtet durch das ganze Stück hindurch wie ein lieblicher Stern eine versöhnende Gestalt, Elfriede von Vellberg, die Tochter des Junkers Wolf, der "Schloßengel". Das wäre kurz der Inhalt des Festspiels. Auf die Aufführung selbst werden wir in den nächsten Tagen noch einmal zurückkommen.

Vaterlandsfreund, 30. 8. 1925